26.07.2016 09:48
Arbeitsrecht

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Kopftuch am Arbeitsplatz

Kopftuchverbot in Deutschland - nach wie vor keine einheitliche Regelung

Der baden-württembergische Justizminister Wolf hat unlängst bekanntgegeben, Richterinnen und Staatsanwältinnen das Tragen des Kopftuches im Gerichtssaal zu verbieten, da er die Neutralität im Gerichtssaal wahren möchte. Auch andere Parteien haben sich für solch ein Verbot ausgesprochen. Doch ist dieser Vorschlag überhaupt rechtlich zulässig oder verstößt er gegen ein übergeordnetes Gesetz wie zum Beispiel das Grundgesetz?
Kopftuch am Arbeitsplatz

Weiterhin keine einheitliche Regelung zu Kopftüchern am Arbeitsplatz

Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)

Ein Urteil des EuGH zum Kopftuchverbot steht noch aus, allerdings liegt schon eine Einschätzung der Generalanwälte vor, dem die Richter in den meisten Fällen folgen. Demnach ist ein Kopftuchverbot in Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und eine Arbeitnehmerin darf gekündigt werden, wenn sie sich weigert, ihr Kopftuch abzulegen. Ob ein Kopftuchverbot zulässig ist, hängt von der Verhältnismäßigkeit des Verbots ab. Es darf nicht durch Vorurteile gegenüber einzelnen Religionen begründet werden oder auf religiösen Überzeugungen beruhen. Dem Arbeitnehmer könne bezüglich seiner Religionsausübung am Arbeitsplatz eine "gewisse Zurückhaltung zugemutet werden", so die Generalanwältin des EuGH Juliane Kokott.

Rechtliche Situation in Deutschland - Bundesverfassungsgericht

Auch in Deutschland gibt es keine einheitliche Rechtsprechung bezüglich eines Kopftuchverbots. Auch hier hängt es stark davon ab, um welche Art von Arbeit es sich handelt. Im Frühjahr hat das Bundesverfassungsgericht das Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen an deutschen Bildungseinrichtungen gekippt und erklärt, dass ein landesweites pauschales Kopftuchverbot an deutschen Schulen verfassungswidrig ist. Als Grund wurde die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (in Anlehnung an die Religionsfreiheit im Artikel 4 des Grundgesetzes) angeführt. Eine Klage einer Lehramtsbewerberin auf Entschädigung wurde später jedoch abgewiesen, obwohl sie bei ihrer Bewerbung aufgrund ihres Kopftuchs abgelehnt worden war.

Grundgesetz und Diskriminierung

In Deutschland ist die Religionsfreiheit in Artikel 4 des Grundgesetzes formuliert. Aus dieser leitet sich das erweiterte Recht der Bekenntnisfreiheit ab, das es den Gläubigen zugesteht, ihren Glauben auch öffentlich auszudrücken. Für Arbeitnehmer besonders wichtig ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), durch das Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindert werden sollen (§1 AGG). So dürfen Arbeitnehmer, für die §1 AGG zutreffend ist, am Arbeitsplatz nicht benachteiligt werden (§7 AGG). Stellen sind nur unter Berücksichtigung von §1 AGG auszuschreiben (§11 AGG). Arbeitnehmer, die am Arbeitsplatz benachteiligt wurden, steht eine Entschädigung in Form eines Schadensersatz zu (§15 AGG).

Fazit

Da es kein explizites Kopftuchverbot in der Bundesrepublik Deutschland gibt und die Religionsfreiheit ein hohes Gut in Deutschland ist, lohnt es sich in vielen Fällen, sich bei einer Diskriminierung am Arbeitsplatz arbeitsrechtliche Unterstützung zu holen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihnen eine erste Einschätzung geben, ob eine Klage gegen eine vorliegende Weisung des Arbeitgebers Erfolgsaussichten hätte. Dazu zieht er Vergleichsfälle heran, bei denen deutsche Gerichte bereits ähnliche Fälle behandelt haben. Im Erfolgsfall steht Ihnen eine Entschädigung zu, sofern ein Schaden durch die Maßnahme für Sie entstanden ist.

 

Bildquelle: Metropolico.org, flickr.com/photos/95213174@N08/18636809182